3 Denkfehler, die Führungskräfte schwächen – und wie du sie vermeidest

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Warum sich Führung manchmal schwerer anfühlt, als sie sein müsste.

Es ist Dienstagabend, kurz nach acht. Dein Laptop steht noch offen, das Handy vibriert ununterbrochen, und während du gedanklich schon längst beim Feierabend sein möchtest, hängst du immer noch in To-dos. 

Vielleicht ertappst du dich bei Gedanken wie: 

  • „Warum muss ich eigentlich alles alleine stemmen?“ 
  • „Wenn ich mir Schwäche anmerken lasse, verliere ich an Autorität.“ 
  • „Ich muss auf jede Frage eine Antwort haben – sonst merkt man, dass ich nicht genüge.“ 

Diese Gedanken wirken im ersten Moment logisch. Sie fühlen sich nach Verantwortung, Professionalität oder Stärke an. Aber in Wahrheit sind sie oft der Grund, warum Führung so viel schwerer wirkt, als sie sein müsste. 

Viele Führungskräfte, mit denen ich arbeite, sind hoch engagiert, bestens ausgebildet und voller Energie. Trotzdem geraten sie in eine Spirale aus Überlastung, Frust und Selbstzweifeln. Nicht, weil sie „schlecht führen“ würden – sondern weil sie in mentale Fallen tappen, die ihnen die Energie rauben. 

In diesem Artikel schauen wir uns drei dieser Denkfehler genauer an. Und du wirst sehen: Schon kleine Veränderungen in deiner inneren Haltung können einen großen Unterschied machen. 

Denkfehler 1: „Ich muss alles wissen, sonst verliere ich meine Autorität.“

Warum dieser Gedanke so verführerisch ist 

Gerade Führungskräfte, die aus einer Fachrolle heraus befördert wurden, kennen diesen Mechanismus. Früher war dein Fachwissen deine Eintrittskarte zu Anerkennung und Erfolg. Du hast Projekte gerockt, weil du die Details besser kanntest als alle anderen. 

Und plötzlich bist du Führungskraft. Dein Job ist es nun, Entscheidungen zu treffen, den Überblick zu behalten, dein Team zu entwickeln. Und trotzdem hält sich hartnäckig die Überzeugung: „Wenn ich nicht auf jede Frage eine Antwort habe, wirke ich schwach.“ 

Die Folgen im Alltag 

  • Du gibst ständig Lösungen vor – und dein Team gewöhnt sich daran, weniger selbst mitzudenken. 
  • Du isolierst dich, weil du glaubst, immer „den Experten“ spielen zu müssen. 
  • Kreativität und Verantwortung bleiben auf der Strecke. 

Langfristig führt das dazu, dass du dich überlastet fühlst, während dein Team passiver wird. Ein Teufelskreis. 

Was die Forschung dazu sagt 

Studien zur psychologischen Sicherheit – etwa von Amy Edmondson oder das Google-Projekt Aristotle – zeigen: Die erfolgreichsten Teams sind nicht die mit den „schlauesten Chefs“. Es sind die Teams, in denen jeder sich traut, seine Gedanken einzubringen. 

Ein kleiner Schritt in eine andere Richtung 

Beim nächsten Mal, wenn du merkst, dass du innerlich Druck verspürst, sofort eine Antwort geben zu müssen, probiere diesen Satz: 

„Ich habe gerade selbst noch keine klare Lösung. Was denkt ihr?“ 

Die Reaktionen könnten dich überraschen. Plötzlich entsteht ein Gespräch, in dem nicht nur du, sondern auch dein Team Verantwortung übernimmt. Genau hier beginnt echte Führung. 

 

Denkfehler 2: „Ich darf keine Schwäche zeigen, sonst verliere ich die Kontrolle.“

Der Druck der Sandwich-Position 

Besonders Führungskräfte im mittleren Management kennen diesen Gedanken. Von oben kommen Vorgaben, von unten Erwartungen. Du sitzt dazwischen – und das fühlt sich manchmal an wie zwischen zwei Zahnrädern. 

In dieser Situation wirkt es naheliegend, die Fassade der Souveränität hochzuhalten. Immer professionell wirken, immer gefasst, niemals Unsicherheit zeigen. 

Der Preis, den du zahlst 

  • Du sprichst über vieles nicht offen. 
  • Dein Team merkt, dass du „dichtmachst“. 
  • Du bleibst mit deiner Belastung allein. 

Das Problem: Dein Team übernimmt dieses Muster. Auch sie zeigen keine Unsicherheiten. Es entsteht eine Kultur der Unsichtbarkeit – alle fühlen sich erschöpft, aber niemand sagt etwas. 

Was Verletzlichkeit wirklich bedeutet 

Viele setzen „Verletzlichkeit“ mit „Schwäche“ gleich. Doch es geht nicht darum, dein Innerstes preiszugeben oder dich komplett schutzlos zu machen. Es geht darum, echt zu sein – bei dir selbst und bei deinem Team. 

Verletzlichkeit zeigt, dass du ein Mensch bist. Dass du Zweifel hast. Und genau das baut Vertrauen auf. 

Ein Beispiel für mehr Echtheit 

Stell dir vor, du sitzt im Meeting und sagst: 

„Ich bin selbst noch unschlüssig, aber ich teile mal, was mir gerade durch den Kopf geht.“ 

Damit stellst du dich nicht kleiner dar. Du öffnest die Tür zu ehrlichen Gesprächen – und gibst deinem Team die Erlaubnis, das Gleiche zu tun. 

Denkfehler 3: „Ich muss alles selbst machen, sonst wird es nicht gut.“

Warum viele in diese Falle tappen 

Dieser Gedanke klingt nach Verantwortungsbewusstsein. Schließlich willst du sicherstellen, dass die Arbeit auf hohem Niveau erledigt wird. Aber in Wahrheit steckt dahinter ein stilles Misstrauen: „Ich glaube nicht, dass mein Team es genauso gut macht wie ich.“ 

Die unterschätzte Wirkung auf dein Team 

  • Wenn du Aufgaben immer wieder selbst übernimmst, sendest du unterschwellig: „Ich traue dir das nicht zu.“ 
  • Dein Team lehnt sich zurück. Warum sollten sie Verantwortung übernehmen, wenn du sowieso alles korrigierst oder selbst machst? 
  • Langfristig sinkt Motivation, Eigeninitiative und manchmal sogar die Bindung ans Unternehmen. 

Die Folge für dich selbst 

Dein Schreibtisch wird voller, deine Tage länger. Operativ bist du am Limit – strategisch bleibst du auf der Strecke. 

Ein Praxisimpuls für den Alltag 

Beim nächsten Impuls „Ach, das mach ich schnell selbst“ halte inne und frag dich: 

„Was ist das Worst-Case-Szenario, wenn ich es abgebe?“ 

In 9 von 10 Fällen wirst du feststellen: Das Ergebnis ist vielleicht anders, aber nicht schlechter. Und selbst wenn es nicht perfekt ist – dein Team hat gelernt, Verantwortung zu übernehmen. 

Story aus einem Coaching 

Ein Bereichsleiter erzählte mir, dass er seit Jahren alle wichtigen Präsentationen selbst schrieb. Er wollte „auf Nummer sicher“ gehen. Die Folge: endlose Überstunden, Frust – und ein Team, das sich entmündigt fühlte. 

Als er begann, Teile der Präsentationen abzugeben, passierte etwas Überraschendes: Die Inhalte wurden vielfältiger, die Perspektiven reicher, und das Team war stolz, selbst vor der Geschäftsführung sichtbar zu werden. Seine eigene Energie kehrte zurück – und das Vertrauen im Team stieg enorm. 

Warum diese Denkfehler so gefährlich sind

Das Tückische: Auf den ersten Blick wirken sie sinnvoll. 

  • Alles wissen klingt souverän. 
  • Keine Schwäche zeigen klingt professionell. 
  • Alles selbst machen klingt verantwortungsvoll. 

Doch in Wahrheit sind es mentale Stolperfallen. Sie sorgen dafür, dass du dich abkapselst, überlastest und immer weniger Raum für deine eigentliche Aufgabe hast: Führung zu gestalten. 

 

Ein praktischer Schritt: Achte auf deine inneren Dialoge

Der erste Schritt ist, die eigenen Denkmuster überhaupt wahrzunehmen. Achte auf Sätze wie: 

  • „Ich muss unbedingt …“ 
  • „Ich darf auf keinen Fall …“ 

Diese Formulierungen sind oft ein Warnsignal. Frag dich dann bewusst: 

  • „Stimmt das wirklich?“ 
  • „Oder ist das nur ein alter Reflex, den ich ablegen darf?“ 

Schon dieser kleine Perspektivwechsel öffnet die Tür zu neuen Handlungsmöglichkeiten. 

 

Was du aus diesen Denkfallen mitnehmen kannst

  1. Wissen teilen statt alles wissen müssen. 
    → Du wirst glaubwürdiger, wenn du Raum für Ideen gibst. 
  1. Echte Gespräche statt Fassade. 
    → Dein Team vertraut dir mehr, wenn du dich menschlich zeigst. 
  1. Raum geben statt alles selbst machen. 
    → Nur so entwickeln sich Menschen wirklich weiter. 

So legst du den Grundstein für: 

  • ein Team, das motiviert und eigenständig arbeitet, 
  • mehr Vertrauen und weniger Mikromanagement, 
  • und mehr Energie für dich selbst. 

Fazit: Dein stärkstes Führungsinstrument sitzt zwischen deinen Ohren

Führung ist nicht in erster Linie ein Set an Tools oder Methoden. Führung beginnt in deinem Kopf. 

Die drei Denkfehler zeigen: Oft sind es nicht äußere Umstände, die dich ausbremsen – sondern deine eigenen Gedanken. Wenn du sie erkennst und umformulierst, öffnest du die Tür zu mehr Leichtigkeit und Wirksamkeit. 

Frag dich: 

  • Welcher Denkfehler blockiert ,ich aktuell am meisten? 
  • Wo könnte ich im Alltag einen kleinen Schritt in die andere Richtung wagen? 
  • Und was könnte sich dadurch für mich und mein Team verändern? 

Denn Führung bedeutet nicht, alles perfekt zu machen. Führung bedeutet, Entwicklung zu ermöglichen – bei anderen und bei dir selbst. 

Wenn du merkst, dass du dich immer wieder in diesen Mustern wiederfindest und dir wünschst, gesünder und wirksamer zu führen, dann lass uns sprechen. Gemeinsam finden wir heraus, wie du deine Führung neu ausrichten kannst – weg von Selbstsabotage, hin zu echter Wirksamkeit. 

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